Finde die Quelle der Kraft in Dir!

Warum glauben so viele Menschen, dass sie selbst nicht singen könnten? Zum einen, weil ihre stimmlichen Möglichkeiten meist wirklich nicht dazu ausreichen um in unserer perfektionierten Welt als „Voice of Germany“ entdeckt zu werden. Aber zum anderen sicher auch, weil sie mangels entsprechender Praxis es oft gar nicht mehr gewohnt sind zu singen, und es nahezu „verlernt“ haben. Dazu kommt, dass „Vorsingen“ früher in der Schule benotet wurde und sich daraus oft traumatisierende Situationen ergaben. Gesellschaftlich wurden wir schon lange nicht mehr darin gefördert, als ein klingendes Individuum hörbar zu werden. Die eigene Stimme zu erheben, im gesungenen Ton die wahre Persönlichkeit (lat. „personare“ = hindurchklingen) sichtbar werden zu lassen, sich singend auch einmal in die Erfahrung unbekannter, höherer und tieferer Frequenzen einzulassen, beim Singen aufsteigende Gefühle zuzulassen – all das erfordert heutzutage ganz schön viel Mut und die Bereitschaft, eigene Möglichkeiten und Grenzen auszuloten.

Wir leben in einer Gesellschaft, die es vorzieht, Gefühle lieber nicht zu zeigen und in unserer von Wirtschaft und Handel geprägten Welt am besten auch gar keine zu haben. Im gleichen Maße wie wir verlernt haben, aus dem Herzen heraus zu singen, haben wir verlernt unsere Gefühle wahrzunehmen und auszudrücken. Wir sind förmlich abgeschnitten von uns selbst, verstummen, passen uns an, spielen das Spiel mit. Und dabei verlieren wir mehr und mehr an Kraft, bis wir kaum noch dazu in der Lage sind, aus diesem Teufelskreis auszusteigen. Dahinter steckt ein System. Ein System, das versucht, den Einzelnen klein zu halten, ein System das verhindern möchte, dass der Mensch sich seiner wahren Größe und Einzigartigkeit bewusst wird. 

Es wird Zeit, dass wir in unserer Gesellschaft einen Wertewandel herbeiführen. Und zwar heraus aus dem Joch von „Diene der Macht und dem Reichtum!“ zurück zu dem bereits in der Antike geltenden Lebensmotto „Erkenne Dich selbst!“ Wir könnten z. B. damit anfangen, uns ab und an aus dem ständigen Gedudel von Radio, Fernsehen und Internet auszuklinken! Diese permanente Geräuschkulisse um uns herum verhindert, dass wir uns in der Stille und der Schwingung des eigenen Tons selbst begegnen können.

Denn der Ton ist ein gigantischer Weg der Selbsterfahrung und dank seiner ordnenden Wirkung ein großer Schlüssel zur Veränderung. Deswegen zählte die Musik neben der Astrologie, Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik und Geometrie auch zu den sieben freien Künsten der Antike, die einem Menschen allesamt zu seiner persönlichen Weiterentwicklung dienten. Indem wir uns selbst, unseren GrundTON mit dem ganzen Potenzial unseres ureigenen Seins entdecken, können wir auch unser Gegenüber in seiner ihm eigenen Kraft, seinen Stärken und Schwächen, seinen ihm eigenen Grundton anerkennen und klingen lassen. So eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten des Zusammenlebens und des gegenseitig in Resonanz gehens. Indem wir den Ton bewusst als ein Mittel der Selbsthilfe und Selbstheilung anwenden, beginnt unsere eigene, innewohnende Energiequelle zu fließen. Und dann müssen wir nicht mehr bei anderen „auftanken“, sondern ermöglichen es uns, ganz aus uns selbst heraus unsere eigene Kraftquelle zu sein.
Klingt zu schön, um wahr zu sein? Probieren Sie es aus! Beginnen Sie damit, ihr eigenes Stimmpotenzial zu erfahren und begeben Sie sich auf die Suche nach Ihrem persönlichen Grundton! Es wäre schön, wenn wir uns dazu bei einem Themenabend „Das Wunder des individuellen Grundtons“ in Königstein begegnen würden.

Antje Nagula

(Erschienen in den Zeitschriften „Lebens-t-räume“ und „Fliege Magazin“ Ausgabe November 2015)